Kleidi-Samikon: Landschaftsarchäologische Untersuchungen an den „Thermopylen der Peloponnes“

Drohnenfoto der Ausgrabung: Die ausgegrabenen Teile des Fundaments eines großen Gebäudes dürften zu einem langgestreckten Tempel der archaischen Periode gehört haben (ca. 6. Jh. v. Chr.)

An der Westküste der Peloponnes, nicht weit von Olympia entfernt, dort, wo sich die Küstenebene zusammenzieht und die Ausläufer des Lapithosgebirges bis an das Meer heranreichen, befindet sich die antike Festung von Samikon, deren Überreste noch heute zu sehen sind. Ihr zu Füßen befand sich ein bedeutendes Heiligtum, das Poseidon, dem Gott des Meeres, geweiht war, wie der Gelehrte Strabon im achten Buch seiner „Geographika“ überliefert. Erst die in den Jahren 2021 und 2022 durchgeführten und von der Gerda Henkel Stiftung geförderten geophysikalischen Untersuchungen und Ausgrabungen führten jedoch zur eindeutigen Lokalisierung der Kultstätte: Bei der Landenge „Kleidi“, die aufgrund der Nähe zu Thermalquellen auch als die „Thermopylen der Peloponnes“ bezeichnet werden kann, traten Teile der Fundamente eines 9,40 Meter breiten archaischen Tempels zutage. Nach bisherigem Stand ergibt sich das Bild eines circa 28 Meter langen monumentalen Sakralbaus mit zwei zentralen Sälen, an die jeweils zwei kleinere Raumeinheiten anschließen.

Das Fragment eines großen Wasserbeckens (Perirrhanterion) aus Marmor gehört zur typischen Ausstattung eines antiken Heiligtums.

In Fortsetzung dieser ersten Erkundungen hat sich das Forscherteam unter der Leitung von PD Dr. Birgitta Eder vom Österreichischen Archäologischen Institut (Außenstelle Athen) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit der Antikenbehörde von Elis die umfangreiche Ausgrabung des Tempels und die weitere Erforschung des Poseidon­heiligtums in Kleidi-Samikon zum Ziel gesetzt. Die über einen Zeitraum von vier Jahren (2023 bis 2026) erfolgenden Arbeiten sollen nicht nur zur vollständigen Freilegung des Tempelareals führen, sondern auch Hinweise auf Alter und Dauer des Heiligtumbetriebs sowie zum Charakter der kultischen Nutzung liefern. Die Lage in unmittelbarer Nähe zu einer prähistorischen Siedlung lässt Anfänge des Kults im 11. Jahrhundert v. Chr. als plausibles Szenario erscheinen, wie sie auch im Fall von Olympia belegt sind. Im Jahr 2022 wurde ein archaisches Perirrhanterion entdeckt, ein großes Marmorgefäß, das charakteristisch für das Inventar eines Heiligtums ist. Weiteres Fundmaterial, insbesondere Keramik, kann Aufschluss darüber geben, wie sich die Weihestätte von der archaischen Zeit bis in die hellenistische Epoche gewandelt hat.

Die Säulenbasis ist tief fundamentiert und trug eine der inneren Mittelstützen für ein großes Dach, das den Bau überspannte.

Während die Grabungskampagnen in den ersten beiden Jahren die restlichen Fundamente des Tempels zum Vorschein bringen sollen – und darüber hinaus auch Klarheit bezüglich eines eventuell vorhandenen Säulen­kranzes –, werden sich die Untersuchungen ab 2025 auf den Tempelvorplatz und das unmittelbar angrenzende Areal erweitern. Tiefschnitte ermöglichen Einblicke in die diachrone Entwicklung der Kultstätte. Begleitet werden die Ausgrabungen von geophysikalischen Prospektionen und geoarchäologischen Bohrungen, die durch eine Arbeitsgemeinschaft um Prof. Dr. Andreas Vött (Universität Mainz) und Dr. Dennis Wilken (Universität Kiel) erfolgen. Die geophysikalischen Messungen dienen dazu, die konkrete Ausdehnung des Heiligtums zu bestimmen und mögliche weitere Gebäude­grundrisse aufzudecken. Analysen von botanischen und zoologischen Makroresten ergänzen die Ausgrabungen, indem sie Hinweise auf die historische Flora und Fauna geben.

Die Ausgrabungen in Kleidi-Samikon versprechen neue Erkenntnisse über die religiöse und politische Stellung Triphyliens, jener antiken Landschaft im Westen der Peloponnes, die durch die politische Gemeinschaft der Eleier lange dominiert wurde. Die Ergebnisse werden zunächst in Berichten und Vorträgen präsentiert und anschließend in Aufsätzen in einschlägigen Fachzeit­schriften sowie Monographien publiziert.

Projektleitung

PD Dr. Birgitta Eder

Institution

Österreichische Akademie der Wissenschaften

Förderung

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Vorhaben durch die Übernahme von Reise- und Sachkosten und Lohn der Grabungsarbeiter.

 

Dieses Projekt wurde im März 2024 dokumentiert.